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Interview: „In der Blockchain liegt enormes Potenzial für das Supply Chain Management“

Für Ralf Knobloch, Blockchain-Experte bei der SupplyOn-Group, wird die Blockchain einiges auf den Kopf stellen.
Für Ralf Knobloch, Blockchain-Experte bei der SupplyOn-Group, wird die Blockchain einiges auf den Kopf stellen.

Ralf Knobloch, Blockchain-Experte der SupplyOn-Group, beschäftigt sich seit 2013 mit der Distributed-Ledger-Technologie. Als Gründer des „Blockchain-Meetup Saxony“ liegt ihm auch der regelmäßige Austausch mit der Forschung, Wissenschaft, Anwendern und Gesellschaft sehr am Herzen. Wir reden mit ihm über die Auswirkungen der neuen Technologie und über konkrete Use Cases jenseits des Blockchain-Hypes für Supply Chain Management.

 
Ralf, du beschäftigst dich bereits seit vielen Jahren intensiv mit den Möglichkeiten der Blockchain-Technologie – nicht nur beruflich, sondern auch privat. Was fasziniert dich an dieser Technologie?

Ich bin überzeugt davon, dass wir beim Thema Blockchain heute noch ganz am Anfang stehen und das Ausmaß der Auswirkungen dieser Technologie noch gar nicht ermessen können. Wenn man es mit den Anfängen des Internets vergleicht, stehen wir bei der Blockchain-Technologie dort, wo wir mit dem Internet Anfang der 90er Jahre, so 1994, standen. Eine Zeit, in der nicht wenige Unternehmen noch keinen eigenen Internet-Auftritt hatten und diskutierten, ob das überhaupt notwendig ist. Das ist heute unvorstellbar. Ein Unternehmen, und sei es noch so klein, das im World Wide Web nicht präsent ist, existiert quasi nicht. Das Internet hat nicht nur die Art, wie wir Geschäfte machen, tiefgreifend verändert, sondern auch unsere Gesellschaft, unsere Werte – unser ganzes Leben. Ich erwarte ähnliche Umwälzungen durch die Möglichkeiten, die sich uns mit der Distributed-Ledger-Technologie erschließen.

 
Was macht die Blockchain-Technologie so besonders? Worin liegt deiner Meinung nach ihr disruptives Potenzial?

Die Blockchain speichert Informationen in einem Netzwerk dezentral und damit quasi nicht manipulierbar ab. Damit wird etwas möglich, was bislang undenkbar war: Wir können Unbekannten vertrauen. Überall dort, wo früher eine dritte Instanz, ein sogenannter Intermediär, notwendig war, um Vertrauen zu schaffen, lässt sich dieses Vertrauen nun mit Hilfe der Blockchain-Technologie herstellen. Dass das Thema auch eine hohe gesellschaftliche Relevanz hat, zeigt sich daran, dass sich nicht nur IT-Experten damit beschäftigen, sondern es zum Beispiel auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos schon seit 2016 regelmäßig auf der Agenda steht.

Vom Internet der Informationskopien zum Internet der Werte und Originale

Welchen Einfluss wird die Blockchain-Techologie auf das Supply Chain Management haben?

Ich erwarte, dass die Blockchain in viele Bereiche vordringen und einiges auf den Kopf stellen wird – ich prognostiziere ein Internet der Werte und Originale und nicht wie heute ein Internet der Informationskopien. Es kommt aber immer auf den ganz konkreten Fall an. Im Supply Chain Management geht es meist um Prozesse zwischen Unternehmen, die sich kennen und in der Regel vertrauen. Bei einer Bestellung – um ein einfaches Beispiel zu nennen – bietet die Blockchain keinen Vorteil, ihr Einsatz wäre hier nicht sinnvoll. Interessant wird es bei Prozessen, die einen vertrauensschaffenden Intermediär benötigen, zum Beispiel eine Zollbehörde oder ein Notar. Hier liegt ein enormes Potenzial, das gehoben werden kann – auch im Supply Chain Management.

 
Was bedeutet das für SupplyOn?

Für SupplyOn bedeutet das, jeden Use Case im Vorfeld sehr genau zu beleuchten und den Nutzen der neuen Technologie für jeden einzelnen Fall kritisch zu hinterfragen. Genau das ist unsere Vorgehensweise: Wir schauen uns gemeinsam mit dem Kunden die in Frage kommenden Prozesse sehr genau an. Nur dort, wo die Blockchain-Technologie einen funktionalen oder wirtschaftlichen Mehrwert bietet – im besten Fall natürlich beides – steigen wir tiefer ein. Sprich wir führen gemeinsam mit dem Kunden einen Proof of Concept durch, mit dem die Sinnhaftigkeit, Durchführbarkeit und Wirtschaftlichkeit des Vorhabens ermittelt wird. Nur wenn der Nutzen die Kosten übersteigt, setzen wir den Use Case um.

 
Welche Bewertungskriterien werden bei der Evaluierung beleuchtet?

Zuerst wird geklärt, ob an dem konkreten Use Case mehrere Parteien beteiligt sind, die auf einer gemeinsamen Datenbasis zusammenarbeiten. Dieses Kriterium ist im Prinzip in einer Supply Chain von Natur aus erfüllt. Dann stellt sich die Frage, ob in dem Prozess eine dritte Instanz eine wichtige Rolle spielt, zum Beispiel ein Intermediär wie die Zollbehörde oder eine Bank für den Geldaustausch. Wenn das der Fall ist, wird der Use Case im nächsten Schritt wirtschaftlich beleuchtet. Den gesamten Entscheidungsbaum zu erläutern, würde den Rahmen des Interviews sprengen. Das erläutere ich gerne demnächst in einem separaten Blog-Post.

Erste Blockchain-Pilot-Projekte in 2019

Zeichnen sich bereits Use Cases ab, die diese Kriterien erfüllen und eine Chance haben, von SupplyOn umgesetzt zu werden?

Auf jeden Fall. Gute Chancen haben zum Beispiel Themen wie die Rückverfolgbarkeit von Teilen, die Bereitstellung von Zertifikaten oder das Vertragsmanagement. Wir arbeiten derzeit bereits mit Kunden daran, auf einer Proof-of-Concept-Basis die ersten Use Cases zu evaluieren. Ich gehe davon aus, dass wir Anfang 2019 beginnen werden, erste Konzepte im Rahmen von Pilot-Projekten umzusetzen.  

Vielen Dank, Ralf, für die Einblicke in dieses spannende, zukunftsweisende Thema. Wir freuen uns darauf, hier in den nächsten Monaten mehr von dir zur Blockchain-Technologie und deren Anwendung im Supply Chain Management zu lesen.

 
Übrigens: Am 9. Januar 2019 findet in Dresden das nächsten Blockchain Meetup Saxony statt. Dabei wird unter anderem die Frage „Blockchain und Supply Chain Management – passt das zusammen?“ diskutiert.

Interessiert? Hier geht es zur Anmeldung und vollständigen Agenda: https://www.meetup.com/de-DE/BlockchainMeetupSaxony/events/255768124/

 

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