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Quality 2015 – Antworten auf den „Faktor Mensch“ als neue Qualitätsherausforderung in der Luftfahrt

Die „Quality 2015“ des Management Circle in Düsseldorf (10.-11. März 2015) war ein einzigartiges Erlebnis: Die rund 100 Teilnehmer hatten gut investiert und wurden mit wertvollen Erkenntnissen belohnt: Qualitätsexperten aus der Forschung und verschiedenen Branchen boten aus erster Hand Einblicke in die Qualitätsherausforderungen und -lösungen innerhalb ihrer Unternehmen und darüber hinaus.

Prof. Dr. Robert Schmitt vom Fraunhofer Institut für Produktionstechnologie an der RWTH Aachen eröffnete und leitete die Veranstaltung. Anhand praktischer Beispiele rund um die Themen Big Data, Generation Y und Risk Management zeigte er, mit welcher Geschwindigkeit aktuelle Trends und Veränderungen geschehen. Er demonstrierte, dass Qualität heute nicht mehr durch „ausschussfreie Produktion/Arbeit“ definiert ist, sondern einen ganzheitlicherem Ansatz verfolgt, dessen Schwerpunkt auf dem Qualitätsbewusstsein des Menschen und auf nachhaltigen Veränderungen, wie z. B. dem „Internet der Dinge“ liegt. In diesem Zusammenhang fiel auch das Schlagwort „Industry 4.0“.

Prof. Dr. Jochen Deuse, Leiter des Instituts für Produktionssysteme an der Technischen Universität Dortmund erläuterte in seiner Rede anhand eines realen Beispiels aus der Branche wie sich ein „Big Data Analytics“-Konzept basierend auf unterschiedlichen Daten strukturieren und umsetzen lässt. Die Komplexität liegt dabei in Volumen, Geschwindigkeit (z. B. Batch oder Echtzeit) und Varietät (strukturierte oder unstrukturierte Daten) der Daten. Typische Herausforderungen sind unstrukturierte und gemischte Daten.

Prof. Dr. Deuse zeigte, dass sich diese Herausforderungen mit der richtigen Methode und geeigneten Tools bewältigen lassen, z. B. durch Vorverarbeitung der Daten für eine korrekte Klassifizierung, durch multivariate Statistiken und Tools zur Verarbeitung, Bereinigung und Evaluierung der relevanten Daten. Es wurde deutlich, dass Qualitätsmanagement nicht notwendigerweise auf Produkte und Produktion beschränkt ist, sondern dass es auch ein nutzungsbezogenes Qualitätsmanagement gibt, das die Optimierung der gesamten Lieferkette ermöglicht.

Die wichtigsten Botschaften

Zum Abschluss des ersten Veranstaltungstages gaben Qualitätsmanager aus unterschiedlichen Unternehmen wichtige Einblicke in mögliche Lösungen für Herausforderungen im Bereich Qualität. Redner waren u. a. Ulrich Retter von Festo, Dr. Christoph Hammers von den Ortlinghaus-Werken, Ralf Dietrich von der Firma Premium Aerotec und Hans Albrecht Kohlmann von WAREMA. Sie unterstrichen, dass die treibende Kraft für nachhaltiges Qualitätsmanagement in Unternehmen im Qualitätsdenken jedes einzelnen Mitarbeiters liegt, was entweder Erfolgsgarantie oder Risikofaktor sein kann.

Es wurde zudem deutlich, dass eine Qualitätskultur auch ganz klar vom obersten Management gestützt werden muss und dass transparente, aufrichtige Kommunikation entscheidend ist. Durch Anerkennung und Belohnung von Qualitätsverbesserungen, die von Mitarbeitern ausgehen, wird die gesamte Belegschaft motiviert. Wichtigste Erkenntnisse daraus sind zum einen der Bedarf an Prozessen, die es ermöglichen mit sogenannten „Stoppsignalen“ zu arbeiten, wenn Fehler erkannt werden, und zum anderen die Tatsache, dass die Qualitätskultur innerhalb eines Unternehmens zu einem großen Teil davon abhängt, wie dort mit Fehlern und den beteiligten Mitarbeitern umgegangen wird. Methoden wie eine Prozessplanung für das Prozessqualitätsmanagement und die richtigen Tools (z. B. für KPI-Berichte oder 8D-Management) können dabei helfen.

Erfreulich war, dass mehrere der Redner auf der Veranstaltung bereits von SupplyOn gehört oder es sogar genutzt hatten, um eine effiziente Kollaboration zwischen kaufenden und verkaufenden Unternehmen sicherzustellen.

Mein persönliches Highlight war die Rede von Michael Langer, einem Airbus-380-Piloten der Lufthansa, der die Gefahren hierarchischer bzw. fehlender Kommunikation und die Bedeutung antrainierter, allgegenwärtiger Checklisten/Standardverfahren erläuterte, gerade in Situationen, in denen Piloten und Copiloten nur wenige Minuten oder gar Sekunden bleiben, um kritische Entscheidungen zu fällen. Er berichtete aus eigener Erfahrung und den Erfahrungen anderer, welche Fehler passieren können, wenn nicht nur die Technik, sondern auch die menschliche Kommunikation versagt.

Hr. Langer erläuterte die äußerst nützlichen Lufthansa-Checklisten für kritische Situationen. Diese werden unter dem Begriff FORDEC (Facts – Options – Risks – Decision – Execution – Control) zusammengefasst und lassen sich auf viele unterschiedliche Szenarien anwenden, in denen sie es ermöglichen, auch in Extremfällen die Kontrolle zu behalten. Neben den dramatischen Beispielen für mögliche Fehler, zeigte Hr. Langer auch, wie diese Methoden Flugzeuge zum sichersten Verkehrsmittel machen.

Der erste Tag endete mit einem gemeinsamen Abendessen im Gasthaus Schlüssel im Zentrum von Düsseldorf, wo die Qualität des Altbiers von allen Teilnehmern geprüft und für gut befunden wurde.

Die Bedeutung des Faktors Mensch

Am zweiten Veranstaltungstag gaben Qualitätsmanager von Kendrion, Airbus Defense and Space und CLAAS wertvolle Einblicke in ihr „Allerheiligstes“. Dabei ging es u. a. um qualitätsbezogene Risiken und Chancen als Folge von Verlagerung, um den Standardisierungsbedarf, um Synergien aus bestehenden Partnernetzwerken und um die Bedeutung von Kommunikation mit klaren „Stoppsignalen“ als Teil einer fest verankerten Risikomanagementkultur mit individuellen Verantwortlichkeiten.

Ralf Wieland von der Firma Kendrion gab gute Beispiele dafür, was als Benchmark gilt und wann eine Verlagerungen nicht zum Erfolg führt. Dr. Weber von Airbus Defense and Space erläuterte, wie wichtig ein Bewusstsein für Risikomanagement, Methoden und Tools, die Anerkennung persönlicher Verantwortung und eine durchgehende Risikoeinschätzung von unten nach oben, basierend auf möglichen Schäden und der Wahrscheinlichkeit des Auftretens, sind.

Dr. Cornelius Weiß von CLAAS unterstrich die Bedeutung eines Qualitätsbewusstseins, das durch die organisatorische Entwicklung noch gefördert und z. B. durch Gesprächskonzepte und Schulungen unterstützt wird. Ziel hierbei sind ein entsprechendes Bewusstsein und eine qualitätsorientierte Unternehmenskultur („Ich bin Qualität“).

Nachdem Michael Weber von der Deutschen Gesellschaft für Qualität den neuen Standard ISO 9001:2015 und die damit verbundenen Herausforderungen erläutert hatte, teilte sich die Veranstaltung in zwei Bereiche. Einer davon beschäftigte sich mit der Bewertung von kundenorientiertem Qualitätsmanagement. Zu diesem Thema sprachen unter anderem Dr. Thomas Hochkirchen von den Ford-Werken und Axel Warner von der Firma Faurecia.

Dr. Hochkirchen zeigte anhand anschaulicher Beispiele, dass unterschiedliche Zielgruppen weltweit unterschiedliche Produktantworten verlangten. Hr. Warner machte anhand der Fertigung von Autositzen bei Faurecia deutlich, wie in seinem Unternehmen Prozesse für die wahrgenommene Qualität strukturiert, geplant und umgesetzt werden.

Der zweite Bereich befasste sich mit QM-Methoden und -Tools, wie z. B. der Toolunterstützung für 8D und Aufgabennachverfolgung. Hierzu sprachen Dr. Alexander Schloske vom Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung sowie Frank Scheihing von der Kienle & Spiess GmbH. Es gibt unterschiedliche Tools, die diese Form von Kollaborationsprozessen im Bereich Qualität unterstützen, darunter auch der SupplyOn Problem Solver für 8D Handling und das SupplyOn Action Management für die Durchführung von Audits und Aufgabennachverfolgung.

Die Abschlussrede der Veranstaltung hielt Andreas Fiederle von People Reading. Er betonte wie wichtig es für die Glaubwürdigkeit einer Aussage ist, dass gesprochene Botschaft und spontane Mimik konsistent sind. Er bekräftigte seine These mit Beispielen öffentlicher Reden, bei denen gesprochenes Wort und nonverbale Kommunikation manchmal im Widerspruch standen. Dies führte zurück zur Bedeutung des Faktors Mensch, der bei jeder nachhaltigen Qualitätsverbesserung im Mittelpunkt steht – ganz so wie auf der „Quality 2015“.

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