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Wie sich deutsche Aerospace KMUs trotz des Strukturwandels in der Supply Chain behaupten können

Der Einladung von SPACE Deutschland sind über 60 Teilnehmer von deutschen Aerospace KMUs (kleinen und mittleren Unternehmen) gefolgt, um am  3. SPACE Jahresnetzwerk-Meeting am 25. und 26.04.2016 bei Airbus Helicopters in Donauwörth teilzunehmen. SPACE steht für „Supply chain Progress towards Aeronautical Community Excellence” und ist ein Branchenverband der Luftfahrtindustrie und seiner Zuliefererkette mit dem Ziel, die industrielle Leistungsfähigkeit seiner Mitglieder zu verbessern.

Bereits am Tag vor dem eigentlichen Jahresnetzwerk-Meeting ermöglichte eine Werksführung bei Airbus Helicopters Einblicke in die neuesten Entwicklungen in der Hubschrauberfertigung. Besonders interessant war auch die Türenfertigung für Airbus: Dort zeichnet man für ca. 70% aller in kommerziellen Luftfahrtprogrammen von Airbus verbauten Flugzeugtüren verantwortlich: von der A320-Familie über A330/A340, das im Ramp-up befindliche A350-Programm bis hin zum A380. Spannend war die große Rolle der Gewichtsersparnis – auch unter kommerziellen Gesichtspunkten. So bedeutet eine Gewichtsreduzierung von 1 kg über den Zeitraum von 30 Jahren hinweg eine Ersparnis von bis zu 600.000 Euro.

Die eigentliche SPACE Veranstaltung begann am 26. April mit der Begrüßung durch das SPACE Deutschland Executive Board, mit Norbert Schroeder, Jochen Bucher, Peter Schindler und Werner von Anhalt. Schon dabei wurde deutlich, dass die deutsche Aerospace-Supply-Chain-Industrie den nicht aufzuhaltenden Strukturwandel in der Supply Chain mitgestalten muss um dauerhaft wettbewerbsfähig zu bleiben.

Zusammen mit dem BDLI und seinen regionalen Aerospace Clustern wie BavAiria hat SPACE im Rahmen der „Supply Chain Excellence“ Initiative sechs Themenfelder definiert, um die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Aerospace KMUs nachhaltig zu sichern:

  • Geschäftsmodell
  • Internationalisierung
  • Kooperationen
  • SPACE Industrial Performance
  • Multi-Tier Sales & Operations Planning
  • Finanzierung und Verträge

Wie Hausherr Werner von Anhalt, verantwortlich für Supply Chain und Quality Management bei Airbus Helicopters, berichtete, hat das Unternehmen weltweit fast 23.000 Mitarbeiter, erwirtschaftete 2014 ca. 6,5 Milliarden Euro Umsatz und betreut mehr als 3.000 Operators in 154 Ländern weltweit. Trotz eines speziell im Bereich „Oil and Gas“ schwierigen Marktumfelds konnte Airbus Helicopters in der letzten Zeit Marktanteile hinzugewinnen und ist z.B. im Segment des EC135/145 Weltmarktführer.

In seinem Vortrag zu Supply Chain & Quality Management bei Airbus Helicopters stellte Werner von Anhalt den positiven Einfluss von SQIP (Supply Chain Quality Improvement Process) auf, beispielsweise Teileverfügbarkeit anhand von Kennahlen wie OTD1 und OTQ1 dar. SQIP wirkt dabei wie ein „driving belt“. Interessant war, wie die beiden Airbus Helicopters Hauptstandorte Marignane und Donauwörth eng zusammenarbeiten um Nachfrageschwankungen möglichst Standort-übergreifend auszugleichen.

Digitalisierung der Supply Chain

Im zweiten Experten-Vortrag ging es um die Digitalisierung der Supply Chain und Industrie 4.0 – mit der Lieferanten-Kollaborationsplattform AirSupply von SupplyOn als erstem Schritt: Der Autor dieses Artikels, Arvid Holzwarth, Manager Consulting bei SupplyOn, und Marie-Noelle Lepers, Produktmanagerin AirSupply beim Industriekonsortium BoostAeroSpace, arbeiteten in einem interaktiven Rollenspiel heraus, welche Alltagssorgen die Luftfahrtzulieferer in Deutschland bei der operativen Beschaffung umtreiben. Dabei wurde ein Bogen geschlagen, wie mit der Branchenlösung AirSupply das „Daily Business“ der Lieferanten unterstützt wird und dabei schon erste Schritte in Richtung Digitalisierung der Supply Chain und Industrie 4.0 gegangen werden können.

SupplyOn ist ein vertikales Industrienetzwerk mit über 20.000 Geschäftspartnern. Die SupplyOn Branchenlösung „AirSupply“ beinhaltet effiziente Lieferantenkollaboration inklusive Frühwarnsystem für kritische Versorgungssituationen sowie hohe Sicherheitsstandards, Benutzerfreundlichkeit und die Zukunftssicherheit als Industrielösung mit BoostAeroSpace als Industriekonsortium und Governance Organisation für AirSupply .

Unternehmensberater Bert Stegkemper, vormals COO bzw. General Manager Germany bei Airbus Helicopters, gab an seiner alten Wirkungsstätte Einblicke in die Grundthematik des Sales & Operations Planning (S&OP), bei der es um das Balancing zwischen Nachfrage und Liefervermögen geht. Neben dem offiziellen Inhalt der Verträge zwischen Kunde und Lieferant wies er auch auf die implizit erwarteten Leistungsumfänge hin, die vermeiden helfen, dass ein Lieferanten-Vertrag wegen Streitigkeiten zur Klärung von Rechten und Pflichten bemüht werden muss.

Er verglich die Risiken eines unzureichend gemanagten S&OP-Prozesses mit der schleichenden Erderwärmung, die wegen langsam zunehmender Probleme erst zeitverzögert und damit zu spät als Bedrohung wahrgenommen wird. Eine Multi-Tier S&OP erfordert regelmäßige Kommunikation und Interaktion um die Lieferkette End-to-End zu optimieren. Er ermunterte die anwesenden Lieferanten dazu, eigene Ideen zur nachhaltigen Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit einzubringen und wies in diesem Zusammenhang auf eine gerade laufende Umfrage im Rahmen der Supply Chain Excellence Initiative zur Aerospace Supply Chain hin.

Benno Speer vom Forum Luft-und Raumfahrt stellte zunächst die Bedeutung der Luft- und Raumfahrt in Baden-Württemberg vor, ehe er auf die Bedeutung von Kooperationen zwischen Aerospace KMUs für die nachhaltige Sicherung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit einging. Er gab Einblicke, wie wichtig es ist, die richtige Form der Kooperation und den richtigen Kooperationspartner zu finden. Wörtlich sagte er: „Der Druck zur Kooperation ist da – wir müssen!“.

Smart Supply Chain in der Praxis

Mit Spannung wurde der Vortrag zu Industrie 4.0 in der Praxis aus Sicht eines zentralen Player der deutschen Aerospace Zulieferer-Industrie erwartet: Fabian Gieschen, Supply Chain & Quality Operation Manager bei Premium Aerotec (PAG), stellte den Industrie 4.0 Ansatz von PAG vor, mit sechs „smarten“ nachhaltigen Bausteinen, für einen ganzheitlichen Industrie 4.0 Ansatz: smart product, smart development, smart factory, smart supply chain, smart people, smart big data.

Hierzu werden nun Use Cases auf Basis eines 90 Tage-Zeitraums für erste Lerneffekte erarbeitet. Als Beispiel für eine smarte Supply Chain führt er den Use Case für „Quality Track‘n Trace“ an, um temperatur- und erschütterungsabhängige Messdaten beim Transport von Materialien von Zulieferer zum Kunden zu messen, zentral in einem Portal zugänglich zu machen und auszuwerten.

Als Fazit bleibt, dass es SPACE gelungen ist, wichtige Impulse zu geben, wie sich deutsche Aerospace KMUs trotz des Strukturwandels in der Supply Chain behaupten können. Denn die Zukunft hat bereits jetzt begonnen – und die deutschen Aerospace KMUs wollen und werden diese mitgestalten.  

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